Durch die Wildnis
Ruandas

Places and Spaces

Marion Payr fängt die weniger bekannten Naturschätze einer Nation ein, die den Weg für nachhaltigen Wildtiertourismus erster Klasse ebnet.

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(Travel)

Bei einer Erwähnung Ruandas werden bei vielen Reisenden die satten, smaragdgrünen Regenwälder des Volcanoes-Nationalparks oder die majestätischen Gorillas, die dort heimisch sind, heraufbeschworen. Doch die vielfältige Primatenpopulation des ostzentralafrikanischen Landes ist nur eine Facette seines üppigen, ökologischen Reichtums.

Reise- und Naturschutzfotografin Marion Payrs Reise durch die weniger bekannten Nationalparks des Landes wirft Licht auf die goldenen Savannen von Akagera und die uralten Wälder von Nyungwe. Auf ihre eigene unverwechselbare Art zeigen beide den Weg in ein Fünf-Sterne-Gastgewerbe, das auf verantwortungsvollen Begegnungen mit Wildtieren basiert und anspruchsvollen Reisenden, lokalen Gemeinschaften und einheimischen Ökosystemen gleichermaßen zugutekommt.

Lassen Sie uns zunächst über den sprichwörtlichen Elefanten im Raum sprechen. „Über Ruanda kursieren viele veraltete Irrglauben, die oft auf dessen tragische Vergangenheit zurückzuführen sind“, bemerkt Drew Bantlin, Regional Conservation Manager bei African Parks, einer NGO, die für die Verwaltung von Naturschutzgebieten auf dem gesamten afrikanischen Kontinent zuständig ist. Die Auswirkungen des Völkermords von 1994 sind noch immer spürbar, doch dank konzertierter Bemühungen um Versöhnung, Nationenbildung und wirtschaftliche Entwicklung hat Ruanda in den letzten drei Jahrzehnten bedeutende Fortschritte gemacht. Investitionen in Tourismus und Naturschutzinfrastruktur haben zu einer florierenden Branche für nachhaltiges Luxusreisen geführt.

Heute wird Ruanda in internationalen Indizes häufig als eines der sichersten Länder Afrikas eingestuft, auch für Alleinreisende und Frauen. Internationale Luxushotels wie One&Only und Wilderness bieten erstklassige Erlebnisse, die Besucher:innen in die ökologischen Schätze des Landes eintauchen lassen. Doch bis vor kurzem waren diese Attraktionen unbekannt. „Manche glauben, dass die geringe Größe und die hohe Bevölkerungsdichte des Landes keinen Raum für Naturschutz lassen“, erklärt Drew. Tatsächlich stehen rund neun Prozent Ruandas innerhalb vier verschiedener Nationalparks unter Naturschutz, die jeweils einzigartige Umgebungen und Erlebnisse bieten.

Neben dem gefeierten Parc National des Volcans bieten Ruandas andere drei Nationalparks eine Fülle von Naturwundern, die darauf warten, erkundet zu werden. Im Westen, entlang des Albertine Rift, wo die Flüsse Kongo und Nil zusammenlaufen, sind die üppigen Wälder des Gishwati-Mukura-Nationalparks Heimat von über 60 Baumarten, Gold-, Blau- und Vollbart-Meerkatzen sowie mehr als 200 Vogelarten. In den östlichen Savannen, Feuchtgebieten und Seen von Akagera dienen weite goldene Ebenen als abgeschiedenes Big-Five-Safariziel. Nahe der Grenze zu Burundi liegt Nyungwe, ein UNESCO-Weltnaturerbe und Ruandas größter Wald, der den Großteil der Schimpansenpopulation des Landes beherbergt.

Die tiefe Verbundenheit mit der Wildnis öffnete mir die Augen für die Schönheit der Natur in ihrer ungezähmten, rauen, geheimnisvollen und tief berührenden Form.“

Anschaulich festgehalten werden die vielfältigen Landschaften von Akagera und Nyungwe von Marion Payr, die sich dafür engagiert, den Ländern und Gemeinschaften, die sie porträtiert, etwas zurückzugeben. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, als meine Liebesgeschichte mit Afrika begann. Eine Herde Elefanten hatte sich an uns herangeschlichen […] Ich konnte nicht glauben, wie leise sie mit ihren gepolsterten Füßen durch den Wald gleiten konnten. Nach unzähligen Safaris ist meine Begeisterung nur noch gewachsen.“ Nachdem Marion zwischen 2020 und 2022 2,1 Millionen US-Dollar für African Parks gesammelt hatte, begab sie sich mit der NGO auf eine Forschungsmission und durchquerte Ruandas sattgrüne Dschungel, staubige Savannen und weite Himmel.

Die Wildnis von Ruanda

Akagera

 

BEGEGNUNGEN IN RUanda’s Big-Five-SavannENPARK

Marions Reise begann im Akagera-Nationalpark, der sich im Südosten an der Grenze zu Tansania erstreckt. Parkmanager Ladis Ndahiriwe beschreibt die Szenerie. „Gespeist vom Akagera-Fluss, vereint dieser einzigartige Ort verschiedene Biome, wie Grasland, Auwälder und Trockenwälder, und ist damit eines der ökologisch vielfältigsten Schutzgebiete der Region“, bemerkt er.

Die goldenen Grasebenen von Akagera, Ruandas einzigem Big-Five-Wildpark, sind Heimat von Spitzmaulnashörnern, Elefanten, Büffeln, Leoparden und Löwen, deren Populationen dank umfangreicher Wiederansiedlungs- und Naturschutzinitiativen zunehmend steigen. Safarifahrten und Nashornwanderungen mit Ranger:innen und ihren Hundeeinheiten bieten ein immersives Erlebnis. Oben huschen endemische Vögel wie der Schuhschnabel und der Rotgesichtsbartvogel durch den Himmel. Marions Luftaufnahme zeigt die orangefarbenen Ebenen des Parks und die struppigen grünen Büsche, die die fernen Hügel übersäen.

Die tiefe Verbundenheit mit der Wildnis öffnete mir die Augen für die Schönheit der Natur in ihrer ungezähmten, rauen, geheimnisvollen und tief berührenden Form,“ erzählt Marion über ihre Liebe zur Safari. Im Gegensatz zu etablierteren Safaridestinationen wie der Maasai Mara in Kenya oder der Serengeti in Tansania ist der Vorteil von Akagera, dass dieser Park ein intimes Erlebnis bietet, fernab der Menschenmassen. „Da stehen nicht 20 Autos um eine Herde herum. Da sind nur Sie und die Tiere.“

Ausflüge beginnen früh, angepasst an den Rhythmus der Tiere. Die morgendlichen Safarifahrten beginnen vor Sonnenaufgang mit Frühstück, das im Freien oder nach der Rückkehr in der Lodge eingenommen werden kann. Die Mittagszeit bietet eine Pause von der Hitze, bevor es zur Nachmittagsausfahrt über den roten, eisenhaltigen Boden geht, gesäumt von Platanen. Akageras Ranger:innen haben Vertrauen zu den Elefanten aufgebaut, was zu Begegnungen aus unmittelbarer Nähe führt. Marions Bild zeigt eine Nahaufnahme eines im Staub badenden Elefanten, seine strukturierte Haut umhüllt von einer pudrigen Wolke.

„Elefanten waren in der Vergangenheit der Wilderei ausgesetzt“, erzählt Marion. „Sie erinnern sich daran, das ist ihre generationenübergreifende Weisheit. Sie wären sehr scheu und würden vor dem Auto oder vor Menschen davonlaufen, aber in Akagera wissen sie, dass sie sicher sind, also kommen sie nahe ans Auto heran.“ Eine weitere Aufnahme fängt die Ruhe eines einsamen Dickhäuters ein, der durch das buschige Terrain spaziert.

Durch nachhaltige, regionale Initiativen der vergangenen Jahrzehnte veranschaulichte Akagera das Potenzial eines verantwortungsbewussten, hochwertigen Tourismus. Der Park ist fast vollständig selbsttragend und alle Einnahmen aus dem Tourismus werden in den Naturschutz und die Entwicklung der Gemeinde investiert. Die Initiativen von African Parks umfassen die Unterstützung von wirtschaftlichem Wachstum der Gemeinde durch Fischfang, Bienenzucht und traditionelle Webkooperativen, deren exquisite handgemachten Körbe als Souvenirs erhältlich sind. Die Priorisierung ruandischer Besucher:innen stellt sicher, dass der Park letztlich für Einheimische erhalten bleibt.

Wilderness
Magashi Camp

Akagera

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Wilderness Magashi liegt im einzigen privaten Wildtiergebiet am Rande des glitzernden Rwanyakazinga-Sees im nördlichen Teil des Akagera-Nationalparks und bietet ein einzigartiges Luxus-Safari-Erlebnis auf 6.000 Hektar zur exklusiven Nutzung.

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Der Kern von Magashi besteht aus acht Zelten mit eigenem Bad, die die lokale Kunst und Kultur durch eine Auswahl traditioneller und zeitgenössischer Artefakte sowie opulenter Polstermöbel zelebrieren. Die Aussicht auf den See von jedem Punkt des Anwesens mag Flusspferde enthüllen, die durch seine Wasser waten, und Massai-Giraffen, die jenseits der Ufer weiden.

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Geführte Safarifahrten bieten Begegnungen aus nächster Nähe mit Nashörnern, Löwen und anderen ikonischen Spezies. In der Abenddämmerung sind die Gäste eingeladen, sich zu einem Sundowner auf der Panorama-Aussichtsplattform zu versammeln, bevor sie ein traditionelles Kugisha-Abendessen genießen, das am knisternden Feuer serviert wird.

Nyungwe

REISE INS HERZ EINES UNESCO-GESCHÜTZTEN URWALDES

Der Nyungwe-Forest-Nationalpark ist ein ausgedehntes Gebiet uralten afromontanen Regenwalds im Südwesten Ruandas und eine Oase der Artenvielfalt. Der Park wurde 2023 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt und umfasst üppige, nebelverhangene Laubdächer mit über 200 Baumarten und unzähligen Orchideenarten.

Nyungwe ist bekannt für seine reiche Primatenpopulation und beherbergt fast die Hälfte aller Schimpansen Ruandas sowie viele andere Arten, darunter Goldmeerkatzen oder die scheuen Vollbartmeerkatzen. Das ausgedehnte Netz an Wander- und Radwegen und die anmutigen Wasserfälle Ndambarare und Kamiranozu bilden eine faszinierende Kulisse für Tier- und Naturliebhaber:innen, die die außergewöhnliche ökologische Vielfalt des Parks erkunden möchten.

Schimpansen-Trekking in Nyungwe bietet eine aufregende Reise in einen der bezauberndsten Regenwälder Afrikas. Geführt von erfahrenen Fährtenleser:innen, begeben sich die Besucher:innen auf eine faszinierende Expedition zwischen dichte, uralte Bäume und grünes Unterholz auf den Spuren der lebhaften Cyamudongo-, Mayebe- und Gisovu-Schimpansengemeinschaften Ruandas. Die Trekkingtouren sind streng organisiert, um die Bewegungsmuster der Primaten zu respektieren, und bieten einen seltenen und intimen Einblick in ihre komplexen sozialen Strukturen, ihr tägliches Leben und ihre spielerischen Interaktionen.

Schimpansen-Trekking in Nyungwe bietet eine aufregende Reise in einen der bezauberndsten Regenwälder Afrikas.

Marion Payr hat den Nervenkitzel der Waldwanderung aus erster Hand erlebt. Sie berichtet von dem Erlebnis, das vor der Morgendämmerung begann. „Schimpansen schlafen nachts in Nestern oben in den Bäumen. Wenn sie aufwachen, rennen sie durch den Dschungel und man bewegt sich mit ihnen“, sagt sie. „Die Führer:innen kennen sich in dem Gebiet unglaublich gut aus. Sie bahnen sich mit ihren Macheten einen Weg und man folgt ihnen. Es geht auf und ab, durch Schlamm und Wasser.“

Wer bereit ist, sich auf ein Abenteuer einzulassen, wird mit der einzigartigen Erfahrung belohnt, buchstäblich neue Wege durch unberührten Regenwald zu bestreiten. Der Wald voller hoch aufragender Farne, die so groß wie riesige Bäume sind, beschwört für Marion die unfassbare Kulisse von Jurassic Park herauf – „eine Situation wie aus einem Film; unbegreiflich, wunderschön.“ Ihr Bild des Parks vor Sonnenaufgang von oben zeigt eine makellose, tintenblaue Wolkenlandschaft aus Talnebel, der sich zart über die Hügel des Dschungels legt, nachdem er sich über Nacht festgesetzt hatte. In dieser Region Ruandas, so versichert sie, ist der nationale Spitzname „Land der tausend Hügel“ spürbar.

One & Only
Nyungwe House

Nyungwe

 

Nyungwe House liegt am Rande des Nyungwe-Forest-Nationalparks in Ruanda und verbindet erstklassiges Gastgewerbe mit grenzenlosen Abenteuern in einem der unberührtesten Regenwälder Afrikas. Dieses exklusive Fünf-Sterne-Resort inmitten einer eigenen Teeplantage bietet Reisenden elegant gestaltete Baumhaus-Suiten und -Villen, die alle über private Terrassen, mit Blick auf die friedlichen Kronendächer des Waldes, verfügen.

 

In der Tea Lounge mit Plantagenpanorama oder auch bei einem privaten Picknick auf dem Gelände werden Gerichte nach dem Motto „aus dem Garten – auf den Tisch“ kredenzt sowie klassische Cocktails serviert. Gäste können an geführten Wanderungen teilnehmen, um Schimpansen zu begegnen, seltene Nektar- und Waldhornvögel bei einer ornithologischen Expedition bestaunen oder einfach in der ruhigen Umgebung des Spas der Lodge entspannen. Der Fokus auf nachhaltigen Luxus stellt sicher, dass jeder Aspekt des Aufenthalts im Nyungwe House Naturschutzbemühungen und lokale Gemeinden unterstützt.

Essen im One&Only:
Das überwiegend biologische Menü im Nyungwe House bietet zeitgenössische Interpretationen traditioneller ruandischer Gerichte, darunter Agatombe aus Kochbananen und Isombe aus Maniokblättern.

Text
Anna Dorothea Ker
Fotografie
Marion Payr
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