André Schulze
Übermalte
Vergangenheit

Art and Design

Durch verpixelte Eingriffe und präzise Pinselführung erweckt der deutsche Künstler André Schulze vergessene Bilder zu neuem Leben und lädt uns ein, darüber nachzudenken, was verblasst, was bleibt und was neu gedacht werden kann.

(Kunst) Anfang 1990, Ostdeutschland. Die Berliner Mauer ist gefallen, doch die wirtschaftliche Benachteiligung des Ostens ist an allen Ecken und Enden spürbar. Überall in der ehemaligen DDR stehen verlassene Fabriken und zerfallene Infrastruktur als Überbleibsel eines Systems im Wandel. Graffiti erscheint als eine Form des künstlerischen Ausdrucks und des politischen Kommentars, der den öffentlichen Raum zurückerobert und ein Gefühl der neu gewonnenen Freiheit widerspiegelt.

Der Künstler und Gemälderestaurator André Schulze wächst zu dieser Zeit in Dresden auf. Er ist gerade mal dreizehn Jahre alt, als ihn die Faszination für Graffiti packt. Diese besondere Art sich auszudrücken, hat es ihm angetan. Später, nachdem er in seinem Beruf als Grafikdesigner an seine Grenzen gestoßen ist, entscheidet sich Schulze, seine künstlerischen Talente an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden weiterzuentwickeln um dort 2013 mit einem Master abzuschließen.

Hingezogen zur analogen Fotografie beginnt der junge Künstler, die aussterbende Architektur der DDR zu dokumentieren – Gebäude fotografisch einzufangen, die nach und nach von der Bildfläche verschwinden. Sein Ziel: eines Tages diese Fotografien als hochdetaillierte, präzise Gemälde zu reproduzieren. Als er diesem Ziel näherkommt, beginnt Schulze, die ansonsten melancholischen Bilder mit subtilem Humor zu versehen, abstrakte Elemente und moderne Akzente hinzuzufügen.

Während der Pandemie beginnt Schulze, mit Gemälden vom Flohmarkt zu arbeiten und entwickelt so seinen stilistischen Ansatz weiter. Er bringt sich selbst bei, wie man beschädigte Werke restauriert um sie dann mit seiner eigenen modernen Interpretationen zu übermalen. „In meiner Kunst geht es darum, die Vergangenheit mit der Ästhetik und Bildsprache von heute zu verbinden“, erklärt er.

Diese Methode ist zu seinem Markenzeichen geworden: eine verpixelte Schicht, die vergessener Vintage-Kunst neues Leben einhaucht und die Aufmerksamkeit der Betrachter:innen auf sich zieht, die sie sonst vielleicht übersehen würden.

“In meinen Vintage-Gemälden habe ich die Möglichkeit,
mich direkt mit historischen Werken
auseinanderzusetzen und eng mit vergangenen Zeiten
verbunden zu bleiben.”

„Ich war schon immer von den alten Meistern fasziniert“, sagt er. „Sie waren eine ständige Quelle der Inspiration für meine Arbeit. In meinen Vintage-Gemälden habe ich die Möglichkeit, mich direkt mit historischen Werken auseinanderzusetzen und eng mit vergangenen Zeiten verbunden zu bleiben.“ Einige der Werke aus Schulzes „Vintage Series“ mit floralem Stillleben wurden in der Paradigm Gallery in Philadelphia ausgestellt.

Neben diesen überarbeiteten Fundstücken beschäftigt sich Schulze auch mit zeitgenössischen Themen, zuletzt mit dem Maler Caspar David Friedrich, dessen Werke er durch eine moderne Linse betrachtet hat.

Words
Marie Lang
Photography
@andreschulzeart
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