Audemars Piguet 


Durch die Augen der 

CEO Ilaria Resta

Fashion and Beauty

Ilaria Resta ist seit einem Jahr CEO der traditionsreichen Schweizer Uhrenmarke Audemars Piguet – und führt diese bereits zu einem historischen Meilenstein. Im Jahr 2025 feiert das Unternehmen, einer der angesehensten Namen der Spitzenuhrmacherei, seinen 150. Geburtstag. Die gebürtige Italienerin nutzt die Gelegenheit, um aus der reichen Vergangenheit des Unternehmens zu lernen und den Weg für die Zukunft zu ebnen.

Die Royal Oak “Jumbo” ist eine Hommage an den Klassiker von 1972.

(Zeitmesser) Wie Resta treffend bemerkt: Das Jahr 2025 ist ein guter Zeitpunkt, um die „roten Fäden“ des Erfolgs zu identifizieren, die der Marke in der Vergangenheit zu historischem Aufschwung verholfen haben, während sie gleichzeitig die berühmten Pleiten der Uhrenindustrie vermeiden konnte. Von der Überwindung der Quarzkrise in den 1970er Jahren – als günstigere, massenproduzierte Quarzuhren den Markt überschwemmten und die Vorherrschaft der mechanischen Uhren erschütterten – bis hin zum erfolgreichen Bestehen in den ständigen Wechselfällen des zeitgenössischen Luxusmarktes: Audemars Piguet blieb standhaft, indem es Innovation und Tradition miteinander verband. Die Marke, die neben Rolex, Patek Philippe und Richard Mille zu den vier größten privaten Uhrenmarken der Schweiz gehört, ist ein Branchenriese – ihr Jahresumsatz übersteigt in der Regel zwei Milliarden Euro. Dennoch ist es auch ein Unternehmen mit bescheidenen Wurzeln.

Die 1875 in Le Brassus, einem kleinen Dorf im Vallée de Joux, gegründete Marke Audemars Piguet entstand aus einer Partnerschaft zwischen Jules Louis Audemars und Edward Auguste Piguet, zwei jungen Uhrmachern, die von einer Leidenschaft für Präzision angetrieben wurden. Die beiden spezialisierten sich auf hochkomplizierte Uhren und setzten einen Standard für mechanische Exzellenz, der bis heute bei den über 2.000 Mitarbeiter:innen der Marke nachwirkt. Bemerkenswert ist, dass sich das Unternehmen immer noch in Familienbesitz befindet, was ihm eine seltene Unabhängigkeit in einer von Konzernen dominierten Branche verleiht. Im Laufe der Jahrzehnte ermöglichte diese Unabhängigkeit Audemars Piguet eine Vielzahl von Innovationen, von der Einführung der ultradünnen Kaliber Mitte des 20. Jahrhunderts bis hin zur Revolutionierung des Luxusuhrendesigns mit der immer noch sehr begehrten Royal Oak Uhr im Jahr 1972.

Die erste AP Manufaktur in
Le Brassus um 1907.

Diese Beispiele unterstreichen das bemerkenswerte Erbe, das Resta übernommen hat, unterstützt durch die Geschäftsexpansion unter der Leitung von François-Henry Bennahmias (ehemaliger CEO von AP). Zu seinen Errungenschaften gehörte etwa die Einführung des AP-House-Konzepts. Das Netzwerk von 23 Konzepträumen in den wichtigsten internationalen Städten hat den Luxuseinzelhandel neu definiert und bietet der Kundschaft eine kulturelle und emotionale Verbindung zur Marke. Doch so außergewöhnlich die Vergangenheit von Audemars Piguet zweifellos ist, so scheint es vor allem die einzigartige Unternehmenskultur zu sein, die über eineinhalb Jahrhunderte gewachsen ist und die Resta am tiefsten berührt.

Ihre Karriere im Konsumgüter- und Luxusparfümsektor mag weit entfernt von der Schweizer Uhrmacherei erscheinen. Doch macht ihre Fähigkeit, emotionale Bindungen über die Marke aufzubauen, sie zu einer idealen Besetzung für die Stärkung der Identität von Audemars Piguet. Ihr Ansatz basiert auf Neugier und einem starken Engagement für Innovation, was tief mit der Philosophie von Audemars Piguet übereinstimmt – einem Geist der kreativen Freiheit und der Bereitschaft, Konventionen in Frage zu stellen.

In diesem exklusiven Interview mit Maison Ë erzählt Resta, wie sie die Traditionsmarke in die Zukunft führt, was sie aus der Vergangenheit gelernt hat und warum sich die Unternehmenskultur von Audemars Piguet für sie wie ein zweites Zuhause anfühlt.

Zeitmesser aus dem Archiv.

Maison Ë Sie sind mit relativ wenig Vorwissen in die Branche gekommen; wie war die Landung, und was haben Sie aus dem ersten Jahr mitgenommen?

Ilaria Resta Es war eine außergewöhnliche Reise, in unser Erbe und unser Know-how einzutauchen und dabei sofort ein Gefühl der Zugehörigkeit und Gemeinschaft zu spüren.

Die Feinheiten der Uhrenindustrie kennenzulernen – ein für mich neues Geschäftsfeld – und gleichzeitig das Team inmitten von Marktveränderungen aufzubauen, war sowohl bereichernd als auch inspirierend. Unsere Ergebnisse sind erfreulich, wir wachsen weiter, und das Interesse unserer Kund:innen an unseren Zeitmessern ist nach wie vor stark.

M.Ë Wie schaffen Sie es, bei einem solchen Jubiläum Modernität zu zeigen und gleichzeitig die Tradition zu bewahren?

I.R. Traditionsunternehmen wie das unsere haben verschiedene Epochen und historische Momente durchlebt. Sie haben oft eine Achterbahnfahrt hinter sich, und das gilt natürlich auch für Audemars Piguet. In 150 Jahren gab es sowohl positive als auch herausfordernde Ereignisse, darunter Wirtschaftskrisen sowie Zeiten der Unsicherheit – von der Krise von 1929 bis zu den vielen weiteren, die folgten – sowie Phasen der Unsicherheit und der anschließenden Erholung. Besonders prägend war die Quarzkrise der 1970er Jahre, eine Zeit, in der die Quarztechnologie den Markt für mechanische Uhrmacherei tiefgreifend veränderte.

Jubiläumsfeiern können dazu verleiten, in Nostalgie zu schwelgen und sich in der Vergangenheit zu verlieren. Ein Jubiläum ist aber auch die perfekte Gelegenheit, unser Unternehmen neu zu entdecken, die roten Fäden unseres Erfolgs sichtbar zu machen und dieses Wissen zu nutzen, um unsere Zukunft zu bereichern. Wir befinden uns an der Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft und freuen uns darauf, unsere Reise fortzusetzen. Als exklusive Marke mit limitierter Produktion wissen wir, dass das Interesse an der Uhrmacherei groß ist. Dieses Interesse möchten wir weiter fördern – unter anderem durch verschiedene Initiativen wie unser Museum und Ausstellungen.

Das Jubiläum bietet eine hervorragende Gelegenheit, unser handwerkliches Können und unsere Expertise der Welt zu präsentieren und die Begeisterung für Uhrmacherei über Audemars Piguet hinaus zu erweitern. Es ist vergleichbar mit Museen, die ihre Türen für Kunstliebhaber:innen öffnen – es geht ums Entdecken und Lernen, nicht zwingend ums Kaufen.

Natürlich werden im Rahmen des Jubiläums auch innovative Zeitmesser lanciert, die unsere reiche Geschichte würdigen und uns gleichzeitig mit bahnbrechenden mechanischen Innovationen in die Zukunft führen.

Unser Fokus auf Innovation, die Entwicklung neuer Kaliber und Materialien sowie die Vorbereitung auf das 150-jährige Jubiläum erforderte eine Zusammenarbeit über mehrere Abteilungen hinweg. Am wichtigsten ist jedoch, dass diese Feier all jene würdigt, die dazu beigetragen haben, dass Audemars Piguet zu dem geworden ist, was es heute ist: eine Manufaktur, die auf Leidenschaft, Kühnheit und außergewöhnlicher Handwerkskunst basiert. Eine Manufaktur, die stets nach neuen Ideen sucht, Innovationen vorantreibt und sich immer wieder neu erfindet – und dabei ihren Wurzeln treu bleibt.

Im Musée Atelier Audemars Piguet im schweizerischen Le Brassus werden Besucher:innen auf eine Reise durch die kulturelle Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Unternehmens mitgenommen.
Zwei Herren mit einer Leidenschaft für Präzisision: Jules Louis Audemars und Edward Auguste Piguet. Die Gründungsväter.

M.Ë Sie sind recht neu in dieser Branche und erforschen nun die 150-jährige Vergangenheit einer Marke – und planen gleichzeitig deren Zukunft. Was in der Unternehmenskultur hat Ihrer Meinung nach dazu beigetragen, dass die Marke so lange Bestand hat?

I.R. Wenn man den Erfolg eines Unternehmens entschlüsselt, betrachtet man viele Aspekte – Produkte, Herstellung, Strategie. Der menschliche Faktor, der durch die richtige Kultur kanalisiert wird, ist aber das Wichtigste. Wir haben großartige Mitarbeiter:innen und Uhrmacher:innen. Audemars Piguet ist es im Laufe der Jahre gelungen, im Team die Freiheit des Denkens und der Kreation zu entfachen, was zu außerordentlichen Innovationen geführt hat. Während wir stets nach Fortschritt in der Haute Horlogerie streben, bleiben wir gleichzeitig an vorderster Front in Sachen Musik, Kunst oder Unterhaltung.

Die Persönlichkeiten innerhalb unseres Unternehmens sind entscheidend. Die Menschen hier haben einen guten Sinn für Humor, und wir sagen gerne, dass wir ernste Dinge tun, uns selbst aber nicht allzu ernst nehmen. Das klingt wie ein Marketingmotto, aber es ist die Essenz dessen, wer wir als Menschen sind. Wir brechen gerne mit dem Status quo – das bedeutet, dass wir nicht von Hierarchien gesteuert werden, was sehr interessant ist. Dadurch fließen Ideen extrem schnell durch die gesamte Organisation und können von überall her kommen. Diese kreativen Kreisläufe sind großartig, aber man braucht mutige Führungspersönlichkeiten, um Ideen weiterzuentwickeln und sie zur Marke zu machen.

M.Ë Stichwort AP House: Welche Bestandteile tragen dazu bei, dass diese Räume im Gedächtnis bleiben, und wie hilft das, HNWI´s anzusprechen?

I.R. Dieses Konzept soll die Türen unserer Marke öffnen und unseren Kund:innen ein einzigartiges Erlebnis bieten – fernab traditioneller Geschäftsräume. Wir präsentieren Stücke aus unserem Museum und organisieren Veranstaltungen, die unsere Leidenschaften feiern, sei es Musik oder Kunst.

„Die Persönlichkeiten innerhalb unseres Unternehmens sind entscheidend. Wir sagen gerne, dass wir ernste Dinge tun, uns selbst aber nicht allzu ernst nehmen. Das klingt wie ein Marketingmotto, aber es ist die Essenz dessen, wer wir sind.

Wir messen den Erfolg des AP House nicht daran, dass einzelne Kund:innen exklusive Einzelbesuche erleben. Erfolg bedeutet für uns, dass eine Gruppe von Menschen, die sich zuvor nicht kannten, zusammenkommen und durch gemeinsame Interessen zu Freund:innen werden. Ein Kunde machte seiner Partnerin in einem AP House sogar einen Heiratsantrag. Während manche für diesen besonderen Moment berühmte Sehenswürdigkeiten oder romantische Restaurants wählen, finden wieder andere Orte wie ein AP House – als perfekte Kulisse.

Die Tatsache, dass er sich so wohl fühlte, diesen Moment gemeinsam mit dem Boutique-Manager zu planen, ist eine wunderbare Illustration dessen, was das Konzept ausmacht – und ich liebe es, dass wir dies unterstützen.

M.Ë „Erlebnis“ ist ein überstrapaziertes Wort im Einzelhandel, aber hier, bei AP House, haben Sie etwas geschaffen, das wirklich eine emotionale Reaktion hervorruft. Wie machen Sie das?

I.R. Dieses Konzept hat es uns ermöglicht, eine internationale Gemeinschaft von Enthusiast:innen zu versammeln und langfristige Beziehungen aufzubauen. Indem wir die Sprache der Emotionen sprechen, bringen wir unsere Kund:innen näher an das Universum der Marke, ihre Talente und deren Expertise. Jedes AP House ist einzigartig und verbindet die lokale Kultur mit der DNA unseres Unternehmens.

KAWS bei der Arbeit für Audemars Piguet.
Die limitierte Edition der Royal Oak Concept Tourbillon „COMPANION“ entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler KAWS.

M.Ë Wie definieren Sie Ihre Design- und Markencodes, wenn Sie mit potenziellen Kund:innen und Kooperationspartner:innen sprechen?

I.R. Wir haben klare Produktcodes für unsere vier Kollektionen: Royal Oak, Royal Oak Offshore, Royal Oak Concept und Code 11.59 by Audemars Piguet, jede mit einer einzigartigen DNA. Diese sind unantastbar. Wir mögen es, mit Materialien zu spielen und die Grenzen des Designs zu erweitern. Wenn es um Kooperationen geht, lassen wir den Kunstschaffenden viel Freiheit. Es geht ja darum, Grenzen auf beiden Seiten zu verschieben. Die jüngste Partnerschaft mit dem Künstler KAWS war fantastisch.

Das Ergebnis war die Royal Oak Concept ‘Tourbillon COMPANION’, ein bahnbrechendes Stück, das einen Miniatur-Companion im Herzen der Uhr zeigt – ein Novum sowohl für die Marke als auch für den Künstler. Wenn man die Uhr trägt, schaut der COMPANION einen an. KAWS wollte genau diese Position, was uns herausforderte, eine innovative periphere Zeitanzeige zu entwickeln. Wir verwendeten monochromatisches Grau mit verschiedenen Oberflächenbehandlungen, um Tiefe zu erzeugen. Jeder Aspekt einer solchen Zusammenarbeit fordert uns heraus. Gleichzeitig müssen wir der Marke und ihrer DNA treu bleiben.

M.Ë Die Menschen, die Ihre Uhren tragen, sprechen sehr leidenschaftlich über Audemars Piguet und Ihre Produkte – woran liegt das?

I.R. Wenn man über unsere Zeitmesser spricht, fällt oft das Wort „Emotion“. Wir glauben, dass die Fähigkeit, Emotionen von Uhrmacher:innen auf Träger:innen zu übertragen, den besonderen Reiz ausmacht.

Träger:innen unserer Uhren sprechen oft leidenschaftlich über unsere Produkte, weil sie nicht nur Zeitmesser sind; sie sind mechanische Wunder, durchdrungen von Emotionen. Man sieht Menschen, die eine Leidenschaft für Uhren haben, die sie ständig bewundern und ihre Audemars Piguets mit anderen teilen, was ein Gefühl von Stolz und Freude schafft. Diese verkörpern das Konzept der Bewegung, wobei die Energie, die sie antreibt, selbst erzeugt wird. Diese einzigartige Kombination aus Handwerkskunst und Innovation fördert eine tiefe Verbindung und Begeisterung.

 

„Ich hadere mit dem Wort „Luxus“. Es ist eine Branche der Emotionen, des Handwerks, der Kreativität und des mechanischen Genies. Luxus ist nur ein kleiner Aspekt dessen, was wir eigentlich tun.“

M.Ë Wie kann etwas, das „Luxus“ ist, „Emotionen“ vermitteln?

I.R. Ich hadere mit dem Wort „Luxus“. Es ist eine Branche der Emotionen, des Handwerks, der Kreativität und des mechanischen Genies. Luxus ist nur ein kleiner Aspekt dessen, was wir eigentlich tun. Luxus spricht von Exklusivität, was nicht der Kern unserer Arbeit ist. Eines unserer Ziele ist es, ein Gleichgewicht zwischen Exklusivität und Inklusivität herzustellen.

Das Problem ist, dass zu viele Kategorien in die Definition von Luxus einfließen, was sie aber vereint, ist das Gefühl der Erfüllung und die Emotion, das die Kund:innen empfinden. Handwerkskunst und Kreativität sind von entscheidender Bedeutung, ebenso der Drang, voranzukommen. Und ohne ein klares „Warum“, sei es bei einer Uhr, einem Produkt oder einem Auto, ist das Ergebnis unauthentisch. Für mich geht Luxus über hochqualitative Produkte hinaus. Es geht um die menschliche Verbindung und das Zugehörigkeitsgefühl, das damit einhergeht.

Text
Nolan Giles
Fotografie
Niels Ackermann
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